Mafiamethoden eines Immo-Vermittlers
- k2
- 31. Juli
- 5 Min. Lesezeit
Vorsätzlicher Verstoß gegen den Datenschutz, öffentliche Diskreditierung, Belästigung durch Dritte. Der Geschäftsführer einer österreichischen Immobilienvermittlungs-Plattform dreht wegen einer schlechten Google-Bewertung durch. Am Ende will er das Opfer verklagen.

Anna (Name von der Redaktion geändert) ist auf Immobiliensuche. Im Juni 2025 durchstöbert sie das Internet nach passenden Angeboten und wird schließlich auf der Online-Plattform einer österreichischen Tageszeitung fündig. Sie füllt ein kurzes Formular aus und erhält wenige Minuten später die Antwort des Immobilienvermittlers. „Ich sollte noch mehr persönliche Daten angeben, unter anderem meine Telefonnummer. Das hat mich verärgert, weil er ja schon meine Mailadresse hatte und die reicht aus, um mir das Exposé zu schicken.“
Anna besucht in weiterer Folge die Website des Immobilienvermittlers, um seine Vertrauenswürdigkeit zu überprüfen und stellt fest, dass es sich um eine Firma handelt, die ihr bereits vor Wochen bei der Immobiliensuche suspekt vorgekommen war. „Die Firma hatte damals die Logos von drei sehr bekannten österreichischen Medien auf ihrer Homepage platziert und behauptet, es sei aus diesen Medien bekannt. Ich habe bei Freunden herumgefragt, aber niemand kannte die Firma und bei Recherchen sind wir nur auf bezahlte Werbeanzeigen gestoßen, also haben wir die Medien kontaktiert. Wie ich später erfuhr, hat sich zumindest eines der Medien zurückgemeldet und sich klar distanziert mit dem Hinweis, dass man die Rechtsabteilung einschalten werde.“
Und siehe da, an besagtem Tag im Juni sind die Logos plötzlich von der Homepage des Immobilienvermittlers verschwunden. Für Anna ist das Grund genug, um dem Unternehmen zu misstrauen. Sie antwortet der Firma mit der Bitte um Löschung aller von ihr übermittelten Daten. Und sie bewertet die Firma auf Google mit einem Stern und dem Satz, dass das Unternehmen keinen guten Eindruck auf sie mache. „Man kann nicht einfach Logos von etablierten Medien auf seine Homepage geben und behaupten, man wäre bekannt daraus. Damit will man sich ja nur einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Das ist aus meiner Sicht eine vorsätzliche Konsumententäuschung und ein unlauterer Wettbewerb und auch ein Verstoß gegen geltende Markenrechte.“
Rachefeldzug des Geschäftsführers
Der Geschäftsführer der Immobilienvermittlungs-Plattform nimmt die Bewertung scheinbar sehr persönlich, denn was dann folgt, sprengt alle Grenzen.
Bereits am nächsten Tag erhält Anna eine E-Mail von ihm, in der er behauptet, Annas negative Google-Bewertung sei rufschädigend und stelle eine Falschbehauptung dar. Darüber hinaus droht er ihr mit zivil- und strafrechtlichen Folgen, wenn sie die Bewertung nicht löscht. „Ich habe nur geschrieben, dass die Firma auf mich keinen guten Eindruck macht. Das ist eine subjektive Meinungsäußerung und keine Tatsachenbehauptung“, stellt Anna uns gegenüber klar. Sie hält außerdem fest, dass das Unternehmen sonst nur positive Bewertungen hat und zwar im dreistelligen Bereich. „Es entsteht dem Unternehmen durch meine Meinungsäußerung kein Schaden!“
Der Geschäftsführer schreibt ihr weiters, dass er auf Annas Homepage vergeblich nach einer Telefonnummer zur Kontaktaufnahme gesucht hätte, was bei Anna wiederum für Unverständnis sorgt, weil sie um Löschung ihrer Daten und nicht um eine weitere Kontaktaufnahme gebeten hatte. Anna empfindet die Reaktion des Geschäftsführers als völlig unverhältnismäßig und beschließt, ihn ohne weitere Rückmeldung zu blockieren. Das bringt den Geschäftsführer aber erst so richtig in Rage.
Einen Tag später veröffentlicht er eine Story auf Facebook und Instagram, in der er einen Screenshot von Annas Bewertung zeigt und sie mit falschen Tatsachenbehauptungen diskreditiert. Obwohl er Anna einen datenschutzkonformen Umgang mit ihren Daten zugesagt hatte, gibt er auf Social Media ihre Identität preis, indem er ihr Instagram-Profil zur Story taggt.
„Es war irre! Ich hatte um Löschung meiner Daten gebeten und er stellt meine Bewertung online und diskreditiert mich. Und dann taggt er auch noch mein Instagram-Profil, das ich auch beruflich nutze. Ich habe die Google-Bewertung ja anonym abgegeben, niemand hätte gewusst, dass ich das bin!“
Kontrollverlust
Ein Paradebeispiel für eine vorsätzliche Datenschutzverletzung. Anna hat keine Kontrolle darüber, wer die Story sieht, wer sie teilt, wer sie liked. Anhand der Followerzahlen des Geschäftsführers ist davon auszugehen, dass auf jeden Fall über 1.000 Personen die Story gesehen haben. „Man sieht sehr deutlich in den Auswertungen, dass während der Zeit, in der die Story online war, meine Profilaufrufe von Nicht-Followern irrsinnig in die Höhe geschnellt sind.“ Doch der Alptraum ist noch längst nicht vorbei.
Annas Umfeld wird auf die Story des Geschäftsführers aufmerksam und fordert eine Erklärung. Immerhin behauptet er unter anderem, dass sie davon leben würde, Punkte bei Google zu sammeln und er suggeriert, dass Anna sein Unternehmen schlecht bewertet hätte, um ebendiese Google-Punkte zu erhalten. „Ich habe nachweislich noch nie für eine Bewertung Geld von Google bekommen und ich gebe auch keine schlechten Bewertungen, um Google-Punkte zu erhalten. Das ist absoluter Blödsinn!“, stellt Anna klar.
Anna sieht sich aufgrund der vielen Nachfragen gezwungen, sich von den Aussagen des Geschäftsführers zu distanzieren. Sie empfiehlt das Unternehmen auf Social Media nicht weiter. „Wer ein Unternehmen betreibt, muss mit Feedback rechnen und damit umgehen können, dass dieses nicht immer positiv ausfällt, insbesondere dann, wenn man sich weder an Gesetze noch gesellschaftliche Gepflogenheiten hält. Ich lasse mich nicht durch öffentliche Diskreditierung mundtot machen.“
Der Geschäftsführer der Immobilienvermittlungs-Plattform bewertet in Folge dessen Annas Unternehmen auf Google mit einem Stern und der Aussage, dass er einen sehr schlechten Eindruck hätte. Und er vergibt auch auf Social Media eine schlechte Bewertung und macht sich über Annas Arbeit lustig, obwohl er nachweislich nie in beruflichem Kontakt zu Annas Unternehmen stand.
Belästigung durch Dritte
„Das Perverse ist ja, dass er Dritte gegen mich aufgestachelt hat. Plötzlich hat auch seine Frau mein Unternehmen auf Google mit einem Stern bewertet und als unseriös bezeichnet und sie hat auch auf Social Media solche Aussagen verbreitet, obwohl da nachweislich nie ein Kontakt bestand. Und dann kamen zwischenzeitig auch noch andere schlechte Bewertungen aus seinem Umfeld, die aber wieder gelöscht wurden. Er hat auch Dritte beauftragt. Ich wurde ja in alle Richtungen bedrängt.“
Anna wird zudem tagelang von einem fremden Mann auf Social Media und per E-Mail belästigt. Immer wieder versucht dieser, unter Vorwänden an Annas Telefonnummer zu gelangen. „Mir ist das sehr dubios vorgekommen. Ich hab auf allen meinen Accounts und E-Mail-Adressen verschiedene Anfragen von ihm erhalten und immer unter einem anderen Vorwand.“ Als Anna nicht reagiert, ruft er bei einem ihrer wichtigsten Geschäftspartner an und bedrängt dort die Angestellte, Annas Telefonnummer herauszugeben. Als Anna darüber in Kenntnis gesetzt wird, ist ihr klar, dass es einen Zusammenhang zu dem Immobilienvermittler geben muss.
Und den gibt es tatsächlich! Anna recherchiert und findet heraus, dass besagter Mann unter anderem als Versicherungsagent genau an derselben Adresse tätig ist wie der dubiose Immobilienvermittler und dass sich beide auf Social Media folgen. Anna hat deutliche Worte dafür: „So ein Verhalten ist nicht normal. Das überschreitet jede Grenze. Ich hab früher in der Nähe gewohnt und hab mich oft gefragt, was wäre, wenn ich heute noch dort leben würde. Steht dann plötzlich einer vor meiner Haustür!?“
Unterlassung
Anna leitet alles in die Wege, um nicht mehr belästigt zu werden. Sie sperrt Rufnummern, blockiert E-Mail-Adressen, sensibilisiert ihr engstes Umfeld. Dann herrscht Funkstille – bis plötzlich ein Schreiben vom Rechtsanwalt der Immobilienvermittlungs-Plattform bei ihr eintrudelt. Sie soll eine Unterlassungserklärung unterzeichnen und 120 Euro zahlen, sonst würde man straf- und zivilrechtlich gegen sie vorgehen.
Das sagt Anna dazu: „Der Geschäftsführer dieses Unternehmens scheint in einem anderen Universum zu leben. Zuerst wirbt er mit falschen Referenzen, dann begeht er einen vorsätzlichen Datenschutz-Verstoß, diskreditiert mich im Internet und beauftragt Dritte, die mich belästigen. Und ausgerechnet ich soll jetzt eine Unterlassungserklärung unterzeichnen!“
Anna wird nicht klein beigeben. Die Rechtslage ist eindeutig: Der Geschäftsführer des Unternehmens, ebenso wie seine Frau und der Versicherungsagent, der sie belästigte, haben gegen Gesetze verstoßen.
Wer steckt dahinter?
Bei der Immobilienvermittlungs-Plattform handelt es sich um ein Unternehmen mit Sitz im Norden Österreichs, das sich selbst offenbar als besonders innovativ betrachtet. Wie die kür-Recherche ergeben hat, wurde dieses Unternehmen sogar wegen seiner „Kundenfreundlichkeit“ ausgezeichnet. Grundlage dafür dürften besonders positive Google-Bewertungen gewesen sein.
Eine Bitte daher an die Verantwortlichen: Eine Auszeichnung sollte niemals anhand von Google-Bewertungen erfolgen. Abgesehen davon, dass man sich Google-Bewertungen auch kaufen könnte, sieht man ja, mit welchen Mafiamethoden manche Unternehmen ihre schlechten Bewertungen wegrationalisieren.